Fast alle Samen und Früchte enthalten fette Öle. Deren Qualität und Gehalt an Fettsäuren sind sehr verschieden. Fette Öle unterscheidet man, grob gesagt, in zwei Gruppen. Die nichttrocknenden und die trocknenden Öle. Als Bindemittel für Malfarben eignen sich nur die Öle, die durch Oxidation auf einen nichtsaugenden Untergrund einen „festen“ Film bilden.

Die gebräuchlichsten trocknenden Öle sind: Leinöl, Mohnöl, Sonnenblumenöl und Nussöl. Leinöl ist das am schnellsten trocknende Öl und deshalb sehr gut geeignet als Bindemittel. Die anderen Öle waren in ihrer Herstellung teurer und haben deutlich längere Trockenzeiten als Leinöl. In der Anwendung als Malmittel hat sich Leinöl vor den anderen trocknenden Ölen durchgesetzt und mit der Zeit deutlich bewährt. Dass Leinöl sich als Bindemittel für Malmaterialien eignet, wussten sogar schon die Wikinger. Sie verzierten Ihre Schilde und Schiffe mit Leinölfarben.

Aus den reifen Samen der Flachspflanze gewinnt man durch Pressen Leinöl. Man presst nur Leinsamen, die 30-40% Öl enthalten. Die Reinheit, Herkunft und Wachstumsbedingungen und die Art der Herstellung bestimmt die Qualität des Öles. Bei kaltgepresstem Leinöl erreicht man nur einen 20%igen Ertrag. Kaltgepresstes Leinöl ist klar und von hellgelber Farbe. Aus dem frischgepressten Öl müssen Schleimstoffe und wässrige Bestandteile entfernt werden, da sie die Trocknungsfähigkeit ungünstig beeinflussen und den Ölfilm feuchtigkeitsempfindlich machen. Flachs, das in den kälteren Regionen wächst bildet besonders viele der Fettsäuren, die für die Trocknung verantwortlich sind. Daher verwenden wir nur Leinöl, welches aus Flachs gewonnen wird, das in Schweden angebaut wurde. Diese wurden gentechnisch nicht verändert, sind von besonders hoher Qualität und aus Bio-Anbau.

kaltgepresstes Leinöl als Grundierung 

Das kaltgepresste Leinöl ist ein faszinierendes Material. Es riecht gut, leuchtet honiggelb und ist ein unheimlich vielseitiges Produkt. Am häufigsten findet es Anwendung als Grundierung auf Holzoberflächen. Hier feuert es das Holz an, versorgt es und schützt es vor Austrocknung. Kaltgepresstes Leinöl trocknet langsamer, es hat damit mehr Zeit tiefer in den Untergrund (bis zu 2cm) einzudringen. Dies wird durch die geringe Molekülgröße zusätzlich begünstigt. Gerade Holzsorten, wie z.B. Eiche, die besonders lange brauchen, bevor sie Öl aufnehmen, lassen sich vorteilhaft mit kaltgepresstem Leinöl grundieren. Der häufig dafür empfohlene Leinölfirnis ist ein gekochtes, mit Sikkativ versetztes Leinöl. Hier wurde die Trocknung angekurbelt und schon Ketten gebildet. Daher kann er schlechter und vor allem nicht tief genug ins Holz eindringen. Er schafft im Vergleich nur ca. 2mm. Dazu kommt, dass Leinölfirnis nach ca. einer Stunde beginnt auszuhärten. Entfernt man überschüssigen Firnis nicht innerhalb dieser Einwirkzeit, erhalten Sie eine ewig klebrige Oberfläche. Das oft angepriesene Halböl oder einfach mit Terpentin oder Petroleum versetzte Leinöl dringt nicht besser oder tiefer ein. Die Mischung aus Terpentin und Leinölfirnis ist nicht nur wegen der gesundheitsschädlichen Wirkung problematisch, das Terpentin löst auch vorhandene Öle und Harze im Holz an. Das Holz bekommt nicht nur weniger Leinöl zugefügt, sondern wird zusätzlich noch geschwächt. Leinölfirnis eignet sich nur unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise, wenn man eine schnelle Trocknung erreichen will.

Stark saugende Bereiche im Untergrund können durch mehrfache Anstriche mit Öl gesättigt werden. Hier geht man, während der Arbeiten, wiederholt zurück und ölt die entsprechenden Stellen. Grundiert man "trocken" mit kaltgepresstem Leinöl, kann die nächste Schicht aufgetragen werden, bevor das Öl komplett ausgehärtet ist. Leinöl "trocknet" chemisch, es entzieht der Luft Sauerstoff und bildet dadurch Linoxin. Dieser elastische Stoff haftet an den meisten Oberflächen. Durch Sauerstoffaufnahme nimmt Leinöl ca. 15-20% an Volumen zu. Durch diesen Volumenzuwachs werden die Poren im Holz verschlossen und Wassereinlagerungen werden verhindert.

Leinöl als Bindemittel für Farben

Leinölfirnis verwenden wir vorzugsweise zum Anrühren der Leinölfarben. Er ist im Vergleich etwas robuster, glänzender und einfacher in der Anwendung.

Leinölprodukte zeichnen sich durch seine besonders gute Haftung auf fast allen Untergründen aus. Sie haften auf Metallen, Holz und Putzen. Leinölfarben besitzen eine hohe Elastizität. Sie lassen sich einfach auf vorherige Ölanstriche auftragen, wobei die winzigen Moleküle des Leinöls in die unteren Farbschichten eindringen und eine gute Verbindung auch zwischen den Farbschichten bilden. Leinöl bildet einen festen Film durch Sauerstoffaufnahme ( Oxidation ), dadurch erfolgt eine Gewichtszunahme von bis zu 20%. Ist die Schichtstärke beim Auftragen/Streichen zu stark, trocknet die Farbschicht von der Oberfläche her, die Farbe runzelt, bildet Falten und führt zu unendlichen Trocknungszeiten. Daher ist es besonders wichtig, Leinölfarben dünn aufzutragen. Die Farbe muss dünn ausgestrichen und förmlich ins Holz einmassiert werden. Leinölfarben sind Arbeitsfarben, man muss es in den Armen spüren, dass man mit Leinölfarben gestrichen hat.

Eine wichtige und entscheidene Eigenschaft von Leinölfarben ist deren Diffusionsoffenheit. Die Fähigkeit diffusionsoffen zu sein, wird im Sd-Wert ausgedrückt. Der Sd-Wert für Leinölfarben liegt zwischen 0,879 und 1,584. Das heißt Leinölfarben sind dicht genug kein Wasser bis ans Holz zu lassen, aber sie sind gleichzeitig offen genug, um Wasserdampf passieren zu lassen. Entscheidend für einen niedrigen Sd-Wert ist die Schichtdicke des Anstriches.