Leinölfarbe auf Putz
Früher war Ölfarbe als Fassadenfarbe sehr gebräuchlich.
Unter dem Begriff Ölfarbe verbergen sich neben Leinölfarben auch Kompositionsfarben/Temperafarben, welche aus Leinölfarbe bestehen, die mit wässrig gebundenen Leimen kombiniert wurden. Doch auch die klassische Leinölfarbe wurde als Fassadenfarbe verwendet.
Da das Wissen über Ölfarbe als Fassadenfarbe so gut wie verloren gegangen ist, hat das Center for Bygningsbevaring Raadvad in Dänemark (Center zur Bewahrung alter Gebäude in Raadvad) eine Anleitung ausgearbeitet, wie man Leinölfarbe als Fassadenfarbe verwendet. Da in Schweden, England und den Niederlanden diese Technik noch regelmäßig angewendet wird, entstand die Anleitung auf Grundlage der Erfahrungen in diesen Ländern.
Leinölfarben sind nicht alkalifest. Das heißt die Farbe würde von den basischen Materialien abgebaut oder sogar zerstört werden. Leinölfarben „verseifen“ und verlieren sowohl an Stärke und Bindekraft. Zwar ist das auch ein Vorteil, ästhetisch und bautechnisch aber diese Verwitterung sollte nur nicht allzu schnell voranschreiten. Untersuchungen alter Farbschichten auf historischen Gebäuden zeigten, dass ca. alle 8-10 Jahre eine neue Fassadenbehandlung nötig ist, was eine passende Zeitspanne für eine Fassade ist. Nach 8-10 Jahren ist die Farbschicht genügend verwittert und daher einfacher zu entfernen, um die Oberfläche für einen neuen Anstrich vorzubereiten. Trotzdem ist es wichtig, die Leinölfarbe effektiv von den basischen Materialien im Putz durch eine Grundierung zu „isolieren“.
Wie bei jeder Malerbehandlung, muss der Untergrund vor einem Anstrich mit Leinölfarben vorbehandelt werden. Dazu findet man heute in alten Fach- oder Handbüchern noch Anleitungen. Viele Materialien, wie zum Beispiel Bleiweiß dürfen heute aufgrund ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung nicht mehr verwendet werden.
Beispielsweise neutralisierte man den Kalkgehalt im Putz mit Fluat, einer sehr starken Säure. Anschließend grundierte man das Mauerwerk mit warmen Leinöl, welches stark mit Terpentin verdünnt wurde. Terpentin auf so großen Flächen zu verwenden, ist äußerst gesundheitsschädigend.
Heute möchte man mit umweltverträglichen und nachhaltigen Produkten arbeiten, die nicht gesundheitsschädigend sind. Daher kommen nur Grundierungen in Frage, die weder Fluat, Bleiweiß oder Terpentin beinhalten.
Kleinere Flächen kann man sehr gut mit Schellack isolieren, dieser ist frei von Giftstoffen und ist dicht.
Eine andere Methode besteht darin, mit dem Leinölanstrich abzuwarten, bis der Kalkputz oder ein anderer hydraulischer Kalkputz vollständig karbonatisiert ist.
Bei neueren Putzen lässt sich mit dem chemischen Stoff Phenolphtalein überprüfen, ob sie karbonatisiert sind. Färbt sich Phenolphtalein rötlich lila beim Auftragen, dann ist der Putz noch nicht karbonatisiert und man sollte noch warten mit einem Anstrich. Üblicherweise mindestens ein halbes Jahr bei einer neuen Putzschicht.
Leinölfarbe für den Außenbereich sollte aus gekochtem Leinöl und auf einem Dreiwalzenstuhl verriebenen Pigmentpaste, bestehen. Leinölfarbe kann wie kein anderes Material gut und porentief in den Untergrund eindringen. Leinölfarben trocknen nicht durch Verdampfen oder Ähnlichem, sondern durch einen chemischen Prozess, bei dem das Leinöl den Sauerstoff aus der Luft aufnimmt. Bei diesem Oxidationsprozess nehmen Leinölfarben an „Volumen“ zu und das Leinöl „presst“ sich förmlich in die Hohlräume des Untergrundes. Dadurch erreicht Leinöl eine besonders gute Haftung zum Untergrund. Wird Leinölfarbe zu dick aufgetragen, entsteht durch die Volumenzunahme des Leinöls eine runzelige/faltige Oberfläche, unter der das darunterliegende Leinöl nicht aushärten kann, da die gerunzelte Oberfläche eine Sauerstoffaufnahme verhindert. Die darunterliegende Schicht bleibt weich und flüssig.
Streicht man seine Fassade mit Leinölfarben, wird die Oberfläche zu Beginn sehr glänzend sein. Mit der Zeit nimmt der Glanzgrad ab und die Oberfläche wird matt und bekommt eine wunderschöne Patina. Da die Leinölfarbe langsam verwittert, „reinigt“ sich die Oberfläche bei Regen langsam von selbst. Der Schmutz wird bei Regen mit abgespült.
Bevor man auf Fassadenputz mit Leinölfarbe streicht, muss der Untergrund komplett abgebunden sein. Das Mauerwerk muss trocken sein und darf keine permanent feuchten Stellen haben.
Neugemauerte Gebäude können erst mit Leinölfarbe gestrichen werden, wenn alle kalkhaltigen Materialien komplett abgebunden sind, also nach ca. 1 - 1 ½ Jahren.
Ältere Gebäude mit einer neuen Putzschicht müssen mindestens 1 ½ - 2 Monate aushärten, bevor sie mit Leinöl gestrichen werden können. Das richtet sich nach der Schichtstärke des Putzes, dem verwendeten Putzmaterial und nach der Jahreszeit.
Wenn ältere Gebäude noch einen intakten, alten Putz haben, können sie ohne weiteres mit Leinölfarbe gestrichen werden. Nur auf permanent feuchte Stellen im Mauerwerk wird ein Leinölanstrich nicht halten. Kleinere Putzausbesserungen sollten 3-4 Wochen Zeit zum Aushärten bekommen.
Der zu streichende Untergrund sollte völlig trocken sein und 18% Restfeuchte zum Zeitpunkt der Malerarbeiten nicht überschreiten.